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Am Schlüsselbund von Careen Ciesla baumelt ein Filzanhänger. „Nachteule“ steht darauf. Ist das eher ungewöhnlich für eine Frühaufsteherin? Irgendwie schon. Aber die 28-Jährige ist auch keine „normale Lehrerin“. Seit April 2021 unterrichtet sie nämlich am staatlichen Abendgymnasium in Rostock. Zwischen 16:45 und 21:30 Uhr findet hier der Präsenzunterricht statt – Schülerinnen und Schüler im Alter von 19 bis 50 Jahren versucht sie, für das Fach Mathematik zu begeistern und auf das Abitur vorzubereiten. Careen Ciesla sagt: „Während meines Referendariats spürte ich, dass mir das Arbeiten mit Älteren mehr Spaß macht. Die volle Stelle am Abendgymnasium ist für mich ein absoluter Volltreffer.“
Ein Volltreffer, den sie allerdings eher durch Zufall landete. „Nach meinem Ref an der katholischen Don-Bosco-Schule spielte ich mit dem Gedanken, mich an einer Berufsschule zu bewerben. Das Abendgymnasium hatte ich zunächst gar nicht auf dem Zettel“, so Ciesla. Mit ihrer Initiativbewerbung war sie dann zur rechten Zeit genau an der richtigen Stelle. Was gefällt ihr an der speziellen Herausforderung? „Unsere Schülerinnen und Schüler kommen freiwillig. Sie wollen etwas erreichen und sind daher meist sehr motiviert. Gerade im Mathe-Leistungskurs kann ich an Vorkenntnisse anknüpfen“, erklärt die zweitjüngste Kraft des aktuell dreizehnköpfigen Kollegiums.
2021 war sie als Klassenlehrerin Ansprechpartnerin von zwölf Deutschen und zwölf Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Generell liegt deren Anteil am Rostocker Abendgymnasium in Klassenstufe 11 bei ca. 10 bis 12 Prozent. Careen Ciesla erläutert: „Viele wollen bei uns einfach ihr Abitur nachholen, andere stehen vor dem Problem, dass ihre Abschlüsse aus dem Ausland nicht anerkannt werden.“ Besonders interessant für Berufstätige: Es besteht auch die Möglichkeit des sogenannten „Blended-Learning“. Das bedeutet, dass rund 40 Prozent des Unterrichts mit Selbstlernmaterialien digital am heimischen Rechner bewältigt werden dürfen. 120 Schülerinnen und Schüler besuchen aktuell das Abendgymnasium - seit dessen Gründung 1992 haben rund 1000 das Abitur und 220 den schulischen Teil der Fachhochschulreife abgelegt. Und das Beste: Diese wertvolle Weiterbildung kostet nichts!
Apropos „Weiterbildung“ – wo bestehen im Mathematik-Unterricht eigentlich die größten Defizite? „Mir ist aufgefallen, dass sich viele mit dem Thema Bruchrechnung schwer tun“, antwortet Ciesla. Dann gibt sie konkrete Einblicke in ihre Arbeit: „Mit Brüchen kann man sehr anschaulich umgehen. Wenn ich z.B. in Klasse 11 sage ‚Drei Fünftel von euch gehen jetzt bitte mal an die Fensterseite und zwei Fünftel an die Tafel‘, dann kommt Bewegung in die Gruppe und in die Köpfe.“
Für Lehrerinnen und Lehrer, die sich mit dem Gedanken Abendgymnasium befassen, stellt sich selbstverständlich auch die Frage nach der Lebensqualität. Wie ist der Alltag organisiert? Für Careen Ciesla könnte es nicht besser sein: „Ich bin nebenbei schon lange begeisterte Fitness-Trainerin und gebe dienstags, donnerstags und sonntags Kurse. Außerdem habe ich seit einiger Zeit einen Hund. Vormittags bin ich für Luna da, nachmittags übernimmt mein Partner.“ Ihre Stunden hat sie im Übrigen perfekt verteilt: Dienstags hat sie frei und alle 14 Tage steht der Freitagabend ab 20 Uhr zur Verfügung. Eine Nachteule, wie es der Schlüsselanhänger suggeriert, ist sie übrigens nicht. Ciesla: „Mein Partner steht morgens zwischen 5 und 6 Uhr auf. Dann bin auch ich wach. Lange ausschlafen gibt es bei mir nicht. Aber ich gehe den Tag entspannt an.“
Die sportliche Mathematikerin ist übrigens in Lübeck geboren und machte ihr Abitur 2013 am Ernst-Barlach-Gymnasium in Schönberg. Obwohl sie durch ihre Eltern nicht „vorbelastet“ ist, war ihr schon sehr früh klar, dass sie eines Tages Lehrerin sein möchte. In Rostock studierte sie Mathe und Arbeit-Wirtschaft-Technik (AWT). 2018, mit gerade mal 24 Jahren, hatte sie ihre Abschlüsse in der Tasche. „Mein Respekt vor den Anforderungen an den Lehrerberuf war groß und so entschloss ich mich damals, noch etwas Lebenserfahrung zu sammeln.“ Ciesla buchte ein One-Way-Flugticket nach Bangkok – alleine begab sie sich mit dem Rucksack auf eine Tour durch Thailand, Malaysia, Singapur und Vietnam. Nach vier Monaten flog sie mit vielen Eindrücken und einer Gewissheit zurück: „Ich war selbstbewusster geworden und fühlte mich bereit für den Schulalltag.“
Ihr Referendariat hätte sie damals auch in Hamburg antreten können. Doch Careen Ciesla sagte ab und entschied sich ganz bewusst für die andere Hansestadt: „Rostock ist familiärer. Die Anonymität der Millionen-Metropole wäre nichts für mich gewesen.“ Sie schätzt die kurzen Wege, egal ob in der Stadt oder an der Ostsee. Und als wären der Job, der Sport, der Hund und der Partner noch nicht genug für ein ausgefülltes Leben, widmet sie sich seit Oktober auch noch einem weiteren Studium. „Physik lag mir immer am Herzen“, sagt sie. „Nun möchte ich in acht Semestern die Qualifikation für Physik als Beifach erlangen.“ Gut möglich, dass ihr auf dem Campus der eine oder andere ihrer ehemaligen Abendschüler über den Weg läuft.